Das 10 jährige Bestehen möchte der Bürgernetzverein dazu nutzen, bei den Bürgern des Landkreises Main-Spessart besser bekannt zu werden. Bisher wurden Interessenten und neue Mitglieder fast ausschließlich durch Mund-zu-Mund Propaganda auf den Verein aufmerksam.
Der Verein Bürgernetze Main-Spessart e.V. wurde am 15. Dezember 1996 in Karlstadt gegründet. Er ist unterteilt in einen Träger- und einen Förderverein. Sinn und Zweck des Fördervereins ist es, die Bürger mit der Nutzung und Technik des Internets vertraut zu machen und zu schulen. Dem Trägerverein obliegt die Beschaffung, Betrieb und Finanzierung der notwendigen Technik. Der Bürgernetzgedanke ist Bestandteil des von der Bayerischen Staatsregierung initiierten Konzepts „Bayern Online“. Der ursprüngliche Gedanke dieses Konzeptes war den Bürgern flächendeckend eine Einwahl zum Ortstarif ins Internet zu ermöglichen. Um das umzusetzen errichtete der Bürgernetzverein Main-Spessart Einwahlknoten in Retzstadt, Wiesenfeld, Marktheidenfeld, Lohr und Würzburg. Dort ist eine Einwahl mittels Modem oder ISDN möglich. Eine zusätzliche Besonderheit dabei ist, dass es sich um reguläre Ortsanschlüsse handelt. Damit ist es z.B. möglich, aus Hotels mit gesperrten Sonderrufnummern trotzdem ins Internet einzuwählen.
Mit der allmählichen Verbreitung von DSL im Landkreis wurde die Attraktivität von Modem und ISDN immer geringer. Der Verein musste deshalb vor zwei Monaten die Knoten Retzstadt, Wiesenfeld und Marktheidenfeld aus wirtschaftlichen Gründen schließen. Dies ist jedoch nicht weiter dramatisch, da der Verein mit seinem Economy-Zugang weiterhin den gesamten Landkreis Main-Spessart und Würzburg abdecken kann. Beide Vereine haben derzeit jeweils ca. 600 Mitglieder.
Eine weitere Leistung, die der Bürgernetzverein anbietet und die bereits von ca. 160 Mitgliedern genutzt wird, ist Wavelink. Dabei handelt es sich um einen breitbandigen Internetanschluss auf Basis der WLAN-Technik. Angefangen hat es im Jahr 1999 mit ersten Versuchen, mit der damals neuen Technologie Strecken von mehreren Kilometern zu überbrücken. Von Vorteil war, dass einige der experimentierfreudigen Mitglieder lizenzierte Funkamateure sind und sich mit der Funktechnik hervorragend auskennen. Im Jahr 2001 errichtete der Verein dann zwei Einstiege und einer Verbindungsstrecke zwischen der Anlagenstraße in Lohr und Sendelbach. Daraus hat der Verein inzwischen ein Netz aufgebaut, das zu den größten in Deutschland gehört. Es erstreckt sich zur Zeit von Langenprozelten bis nach Neustadt am Main. Besonders dankbar wird diese Technik in Neuendorf und Nantenbach angenommen, da die Telekom bis heute in diesen Orten noch kein DSL anbietet. Aber auch in den Orten wie Rodenbach, in denen gerade noch oder - je nach Hausnummer - gerade nicht mehr DSL-Light zur Verfügung steht.
Bei Sichtkontakt zu einem der derzeit 12 Einstiege im Maintal zwischen Langenprozelten und Neustadt am Main können Mitglieder mit speziellen, besonders empfindlichen Antennen und passenden WLAN-Komponenten ihren Computer mit dem Internet verbinden. In der näheren Umgebung von den Einstiegen benötigt man oftmals keine zusätzliche Antenne. So ist es z. B. möglich, in der Lohrer Anlage mit einem Notebook im Internet zu surfen - was jetzt im Sommer auch reizvoll sein kann.
Im Zusammenhang mit WLAN wird auch häufig die Angst vor Strahlung geäußert. Da es sich um eine Funktechnik handelt, ist zwangsläufig eine gewisse Strahlung vorhanden. Es gibt jedoch vorgeschriebene Grenzwerte für die Komponenten von 100mW. Diese Leistung ist so gering, dass eine Gesundheitsgefährdung auszuschließen ist. Im Vergleich dazu hat ein schnurloses DECT-Telefon 200mW und ein Handy 2000mW, also die 20fache zulässige Sendeleistung.
Die Kosten für eine Wavelink-Flatrate liegen etwa auf gleichem Niveau wie bei einem herkömmlichen DSL-Anschluss. Sehr interessant für Wenignutzer dürfte jedoch der Volumentarif sein, bei dem keine monatlichen Grundgebühren anfallen (abgesehen vom Mitgliedsbeitrag, für den jedoch noch andere Leistungen geboten werden) und nur die transferierte Datenmenge berechnet wird. Im Gegensatz zum Internetzugang über Modem/ISDN, der zudem noch wesentlich langsamer ist, kann man sich in aller Ruhe im Internet umsehen, da die Volumenabrechnung zeitunabhängig ist.
Immer mehr jüngere Menschen verzichten inzwischen auf einen Festnetztelefonanschluss und haben nur noch ein Handy. Teilweise ist es auch beruflich bedingt, wenn Mitarbeiter für abgegrenzte Projekte in Lohr eingesetzt werden. Jürgen Kraft, der 1. Vorsitzende des Bürgernetz Trägervereins, sieht für solche Einsatzzwecke Wavelink als das Nonplusultra an. Zwar gäbe es auch den Internetzugang über das Handy per UMTS oder GPRS, jedoch kommt diese Technik weder von der Geschwindigkeit noch von den Kosten auch nur annähernd an den Zugang des Bürgernetzes heran. Ein klassischer DSL-Anschluss ist ebenfalls uninteressant, da zwingend ein Telefonanschluss Voraussetzung ist. Zudem hebt Herr Kraft noch die Möglichkeit hervor, im Verein monatlich zu kündigen. Solche verbraucherfreundlichen Regelungen gibt es bei fast keinem Breitbandanbieter mehr, denn dort sind die Vertragslaufzeiten inzwischen häufig bei 24 Monaten.
Wer sich mit der WLAN-Technik schon etwas näher befasst hat, kommt zwangsläufig mit dem Thema der Sicherheit in Berührung. In der Anfangszeit von Wavelink gab es zur Absicherung der Funkübertragung gegen Lauschangriffe nur die WEP-Verschlüsselung. Da die Verwaltung jedoch sehr aufwändig ist und nicht sichergestellt werden konnte, dass der Schlüssel an unberechtigte weitergegeben wird, musste ein anderes Verfahren gesucht werden. Für solche Zwecke bietet sich in der Netzwerktechnik das so genannte VPN (Virtual Privat Network) an. Dabei handelt es sich um eine sichere, verschlüsselte Verbindung über ein unsicheres Netzwerk. Die Wahl fiel auf das PPTP-Protokoll von Microsoft. Vor allem, weil es bei jeder Windows-Installation vorhanden und relativ einfach einzurichten ist. Im Lauf der Zeit, als es immer mehr Wavelinknutzer gab, zeigten sich jedoch die Schwächen dieses Netzwerkprotokolls immer deutlicher in Form von langsamen Webseitenaufbau und geringen Geschwindigkeiten beim Download.
Auf der Suche nach Abhilfe wurde der Verein bei der Firma Maintech aus Würzburg fündig. Diese entwickelte für solche Konstellationen wie das Wavelinknetz eine spezielle Verbindungssoftware. Dieser so genannte Nionet-Client wurde zuerst als Firmware zur Verfügung gestellt, mit deren Hilfe man einen handelsüblichen WLAN-Router der Firma Linksys zu einem Einwahlgerät für das Wavelink-Netz umwandeln konnte, an das bis zu 4 PCs direkt mit einem gewöhnlichen Netzwerkkabel angeschlossen werden konnte. Seit Anfang dieses Jahres gibt es auch einen Client für die Mitglieder, die eine WLAN-Karte im Computer eingebaut haben bzw. ein Notebook besitzen. Diese Umstellung war dann leider - wie bei Windows-Installationen üblich - nicht mehr so komplikationslos. Jetzt, ca. 1 Monat nach der Umstellung, scheint es im Großen und Ganzen jedoch überall zu funktionieren.
Zur verwendeten Technik innerhalb des Netzes, erklärte der Vorsitzende, werden nur handelsübliche Standardkomponenten eingesetzt. Auf den Linkstrecken, die die einzelnen Einstiegspunkte miteinander verbinden, haben sich z. B. höherwertige WLAN-Accesspoints eines deutschen Unternehmens sehr bewährt. Als Antennen werden teilweise Parabolantennen mit 50 cm Durchmesser verwendet, um die hohen Entfernungen zu überwinden und trotzdem innerhalb der gesetzlichen Grenzwerte zu bleiben. Besonders stolz ist Herr Kraft dabei auf die längste Verbindungsstrecke von Lohr nach Neuendorf mit 7 Kilometern, die Trotz der Entfernung hervorragend funktioniert. Ohne diese besonders empfindlichen Antennen haben WLAN-Accesspoints im Freien eine Reichweite von etwa 200 Metern.
Der Verein bekommt öfters Anfragen aus anderen Orten des Landkreises, ob er nicht auch dort Wavelink anbieten würde, erzählt Herr Kraft. „Wir verweisen dann immer darauf, dass ca. 5 Leute benötigt werden, die das Netz mit aufbauen, warten und den anderen Mitgliedern helfen. Dabei würden wir auch mit unserem bisherigen Wissen und unserer bestehenden Infrastruktur zur Abrechnung zur Verfügung stehen und beim Aufbau tatkräftig unterstützen. Seltsamerweise meldet sich nach dieser Information so gut wie niemand mehr…“
Ein weiteres Vorstandsmitglied vermerkt mit ein klein wenig Stolz an, dass ca. 10-14 aktive Mitglieder die gesamte Infrastruktur des Vereins mit Modemeinwahl, Standleitung, Mailserver, Webserver, Wavelinknetz und insgesamt über 600 Mitgliedern am Laufen halten. „Es ist jedoch traurig, dass sich kaum noch jemand engagieren will, zumal man sich bei uns hochwertiges Praxiswissen aneignen kann und wir dies sogar z. B. für Bewerbungen schriftlich bestätigen würden.“
WLAN ist die Abkürzung für „Wireless Local Area Network“ übersetzt also ein drahtloses lokales Netzwerk. Es ist eine Technik, die Netzwerkstationen wie z. B . unterschiedliche Computer miteinander verbindet. Dies geschieht nicht mit Netzwerkkabeln sondern per Funk. Der Vorteil dieser Technik ist der einfache Aufbau, der ohne Kabelverlegen und Löcher bohren erledigt werden kann. Die Nachteile sind hingegen, die geringere Übertragungsgeschwindigkeit, die mit der Entfernung von der Basisstation noch erheblich ab nimmt und Störungen aus unterschiedlichsten Quellen. Es besteht auch eine höhere Anfälligkeit für Eindringversuche, da die Funkwellen nicht an der Hauswand Halt machen.
In den Anfangsjahren der WLAN-Technik machten sich die Benutzter wenig Gedanken darüber und stellten die Geräte ohne weitere Konfigurationsänderungen auf. Daraufhin konnte jeder in der Nähe sich in dieses Netzwerk einklinken. Seit 1-2 Jahren werden jedoch nahezu alle WLAN-Basisstationen (Accesspoints) schon mit einer Grundverschlüsselung ausgeliefert. Bei den Verschlüsselungstechniken gib es den alten WEP und den neuen WPA Standard. Sicher ist nach heutigem Stand nur die WPA-Technik, sofern bei der Einrichtung ein langes und sicheres Passwort verwendet wird.
Mit WLAN lassen sich in Gebäuden je nach Bauweise Reichweiten von maximal 30 Metern erzielen. Massives Mauerwerk hingegen dämpft die Funkwellen sehr stark, so dass z. B. durch Stahlbetondecken hindurch kaum Empfang möglich ist. Bei der Verwendung im Freien dürfen in der direkten Sichtverbindung zwischen zwei Stationen keine Hindernisse sein. Ein dicht belaubter Baum genügt schon, um die Funkverbindung zu verhindern.
Mit WLAN wird meistens ein Standard des IEEE 802.11 Standards gemeint. Die verschiedenen Spezifikationen unterscheiden sich hauptsächlich in der Frequenz und der maximalen Datenrate. Im privaten Bereich kommen fast ausschließlich die Standards zum Einsatz, die auf 2,4 GHz senden. Im professionellen Umfeld wird hingegen das 5 GHz-Band verwendet, für das jedoch die Komponenten teurer sind. Die Geschwindigkeit von WLAN wird mit 54 Mbit/s angegeben. Nutzbar sind davon jedoch nur maximal 60%, da der Rest für die Verwaltung des Funkprotokolls benötigt wird. Ferner beziehen sich diese Werte auch nur auf eine Verbindung unter optimaler Voraussetzung. Sobald man sich von der Station entfernt oder mehrere Teilnehmer gleichzeitig darauf zugreifen, sinkt auch die Datenrate.
ROUTER ist ein Vermittlungsrechner, der Daten von einem Netz in ein anderes weiterleitet. Häufig werden Router bei einem DSL-Anschluss eingesetzt, um die Daten aus dem Hausnetzwerk in das Internet bzw. DSL-Netz zu vermitteln. Ein WLAN-Router hat zusätzlich noch einen WLAN-Accesspoint eingebaut, der somit noch ein zweites, drahtloses Netzwerk zur Verfügung stellt.
Innerhalb des Fördervereins werden Schulungen, Vorträge und Workshops angeboten und seit etwa einem Jahr betreibt er auch die Hotline für den Bürgernetzverein. Christian Schupp, erster Vorstand des Fördervereins, bedauert jedoch, dass es in der letzten Zeit kaum noch zu Schulungen kommt. Am Interesse liegt es nach seiner Aussage nicht, das ist sowohl bei denjenigen vorhanden, die solche Veranstaltungen abhalten würden, als auch bei Teilnehmern. Es scheitert jedoch regelmäßig daran, dass die „Wissensträger“ zu sehr mit anderen Aufgaben im Verein belastet sind. Herr Schupp ist aber zuversichtlich: „Sobald sich ein paar Mitglieder finden, die bei den vorhandenen Aufgaben wie z.B. Hotline, mit anpacken, wird es auch wieder Schulungen und Vorträge geben.“ Der Vorstand sieht als Zielgruppe der Veranstaltungen keineswegs nur die Freaks sondern möchte auch unbedingt den ganz normalen Anwender ansprechen. Angedacht sind z.B. auch Einführungskurse für absolute Neulinge.
Vom Förderverein werden außerdem die in unregelmäßigen Abständen stattfindenden Stammtische sowie Ausflüge organisiert. So lud der Förderverein Ende Juni in die Rhön zur Besichtigung des Senders Kreuzberg des Bayrischen Rundfunks ein.